Ludwig Lohmann (ocelot, not just another bookstore)
Wie geht es Ihnen?
Mir geht es gut. Ich bin froh, dass ich in einem Land lebe, in dem viele kluge Entscheidungen zum Schutz der Menschen getroffen werden. Ich bin dankbar, weil es in meinem Umfeld keine Krankheitsfälle gab. Und ich habe keine Existenzängste, weil ich ein Produkt verkaufe, das sehr gut zu Krisensituationen passt. In diesen Zeiten ist das viel wert.
Wie hat sich Ihre Arbeit durch Corona verändert?
Bei uns in der Buchhandlung bin ich für die Veranstaltungen verantwortlich. Das heißt, ich musste erstmal viele Gespräche mit Verlagen und Autor*innen führen, wie wir mit der Situation nun umgehen. Verschieben wir Lesungen ins Internet oder in den Sommer? Es war sehr bitter, all die Buchpremieren und Diskussionsrunden abzusagen und auch wenn ich für den August nun wieder kleine Lesungen geplant habe, bleibt ein Gefühl der Unsicherheit. Ich möchte den vielen großartigen Neuerscheinungen gern eine Bühne bei uns geben, will aber natürlich auf die Gesundheit aller Beteiligten achten.
Was nehmen Sie aus den Erfahrungen mit Corona mit für die Zeit nach der Krise?
Mir wurde noch einmal bewusst, wie wichtig digitale Präsenz und eine Internet-Community für Buchhandlungen sind. Trotz des Lockdowns konnten wir über die Sozialen Medien unsere Kund*innen erreichen, Bücher empfehlen und auf neue Bestell- und Lieferbedingungen hinweisen. Unsere Branche ist (logischerweise) dem Analogen sehr verbunden, Corona zwingt uns jedoch, aufgeschlossener und mutiger mit der Digitalisierung umzugehen. Letztendlich wird uns das zukunftsfähiger machen.
Möchten Sie ein Buch empfehlen?
Sehr gern! Da wir in diesen Tagen auf Urlaubsreisen verzichten müssen, empfehle ich die Anthologie »Psychogeografie«, erschienen bei Matthes und Seitz Berlin. In diesem Band versammelt die Herausgeberin Anneke Lubkowitz Texte u.a. von Will Self, Garnette Cadogan, Aminatta Forna und Frank Witzel, die sich alle mit der Frage beschäftigen, wie wir Stadt wahrnehmen und wie die Stadt unsere Wahrnehmung prägt. Das betrifft sehr amüsante Aspekte der Spaziergangswissenschaft, spannende Architekturkritik und hochaktuelle Formen von Rassismus und Misogynie im öffentlichen Raum. Mit dieser Lektüre sieht man auch die Heimatstadt mit völlig neuen Augen!
Die Fragen stellte Julia Hertwig.